Knapp vorbei ist halt doch daneben. Das gilt für verpasste Chancen, ungesagte Worte und nicht getane Handlungen, auch wenn es hinterher noch so weh tut. Selbst dann, wenn vorbei schon wirklich vorbei ist – wenn die Türe schon lange zu ist und der Schlüssel im Gulli landete – selbst dann beißt einen diese eine dumme Frage dann trotzdem wieder ins Hinterteil: Was wäre, wenn…
Alexander und Katharina kennen sich jetzt schon fast zehn Jahre. Sie haben sich auf einer Party während der Studienzeit kennengelernt und sofort festgestellt, dass sie sich mögen. Sie “klickten” auf die Art, wie man das nur bei besonderen Menschen tut. Menschen, die man vorher nicht kannte, aber bei denen man schon nach einer Sekunde weiß, dass man nie mehr ohne sie leben möchte. Katharina und Alexander “klickten” und stellten schnell fest, dass sie eine Liebe zu schwedischen Indie-Rockbands, Kaffee mit Karamellsirup und vor allem Filmen verband. Und dass sie sich nicht nur gerne unterhielten, sondern auch miteinander diskutierten, sich aufzogen und selbst völlig gegensätzliche Meinungen aneinander dennoch interessant fanden.
FAST VERLIEBT
Es gab da nur leider eine Sache, die Alexander bei dem ganzen Geklicke nicht mitbekam: Katherina war circa von Sekunde eins – „Hallo ich bin Alexander“ – an schwerst verliebt. Aber sie war zu schüchtern, um das zu kommunizieren – und dann waren sie auf einmal in eine angeregte Diskussion über Musik, Filme und Kaffee verwickelt und irgendwie ergab sich daraus nie der Zeitpunkt zu sagen: Hey übrigens, ich steh auf dich. Nicht das Katharina das so gesagt hätte, aber halt irgendwie so nicht…nur faktisch tat sie es eben nie. Auch nicht, als dem ersten zufälligen Treffen ein zweites und drittes geplantes folgte. Als sie und Alexander begannen, sich regelmäßig zu einem Kinoabend zu treffen. Und als sich aus diesen Treffen eine Freundschaft entwickelte, wurde der Zeitpunkt immer schwieriger. Zwar hatte Katherina manchmal das Gefühl, es ginge nicht nur ihr alleine so – manchmal schaute Alexander sie so seltsam an und dann war er auch immer für sie da und interessierte sich für sie. Doch dann hatte Alexander auf einmal eine Freundin.
EINFACH “NUR” GUTE FREUNDE
Katharina litt in dieser Zeit ganz fürchterlich und fragte sich immer wieder, ob es nicht besser wäre, auf Abstand zu gehen. Doch sie stellte schnell fest, dass ein Leben ganz ohne Alexander schlimmer war, als eines, in dem sie nur Freunde waren. Also blieben die beiden Freunde. Auch wenn es immer noch diese Momente und Blicke gab, in denen Katharina sich fragte, ob sie nicht vielleicht doch mehr waren. Irgendwann gelang es ihr dann aber, einen Strich unter diese Gefühle zu machen. Sie schlug die in ihrem Herzen, auf der „Ich bin so verliebt in Alexander“ stand zu und öffnete stattdessen eine neue, die „Mein guter Kumpel Alexander“ hieß. Sie beschloss, dass diese seltsamen Signale von Alexander einfach nur Teil seiner Persönlichkeit waren. Dass sie nichts bedeuteten. Dass er ganz offensichtlich nie mehr von ihr gewollt hatte als Freundschaft. Dass ihr das reichte. So blieben Katharina und Alexander eben „einfach“ nur befreundet. Beziehungen kamen und gingen für beide, doch die Freundschaft hielt.
WAS WÄRE WENN…ETWAS GEWESEN WÄRE
So sehr Katharina jedoch die Türe “Ich bin so verliebt in Alexander” in ihrem Herzen zu hielt – manchmal schlich sich doch die Frage ein: Was wäre wenn. Besonders dann, wenn sie beide gerade wieder Single waren und über die Liebe philosophierten. Oder wenn er sie manchmal wieder so komisch ansah oder etwas sagte wie “was würde ich nur ohne dich in meinem Leben machen”. Oder wenn eine Freundin Katharina fragte, warum sie und Alexander eigentlich nie ein Paar gewesen waren – sie würden doch so gut zusammenpassen. Doch Katharina lernte mit der Zeit, diese Fragen zu ignorieren. Auch wenn sie ab und zu, ganz heimlich, zu Alexander hinüberschaute und SO viel mehr sah, als nur einen guten Freund und manchmal sogar das Gefühl hatte, er blicke genauso zu ihr zurück. Solche Momente, in denen er lacht, ihr sagt wie gern er sie mag und sie kurz ganz fest in den Arm nimmt.
Eine Sekunde später ist der Augenblick dann vorbei und zurück bleibt nur eine Herztür, die kurz knarzte, sich aber dennoch nicht öffnete. Katharina richtet dann jedes Mal entschieden den Blick nach vorne und ignoriert ihr flatterndes Herz. Knapp vorbei an dem was man möchte, ist eben doch daneben, aber vielleicht ist es besser als gar nichts. Was wäre wenn und was hätte sein können – diese Fragen zerreißen einem das Herz, wenn man zulange bei ihnen verweilt.